Kaum ein anderes Team traf es in der vergangenen Saison härter als die Badener der BG. Trainerentlassungen und personelle Fehlentscheidungen zogen in Karlsruhe sogar einen Managerwechsel nach sich. „Von der roten Laterne in die Playoffs“, so das Ziel des dafür von Beginn an hart arbeitenden Managers Shadow. Innerhalb nur weniger Monate krempelte der Wahl-Badener die Mannschaft um und formte einen Kader, der seit Wochen an der Playoff-Tür klopft. Full Court PRESS traf sich mit dem sportlichen Leiter der Karlsruher im außergewöhnlichen Umfeld einer „schattigen Bar“ um Antworten auf unsere Fragen zu erhalten.
Manager Shadow, Sie sind mit einer denkbar ungünstigen Ausgangslage
gestartet, haben sich mittlerweile allerdings unter den Top10 der Liga etabliert.
Darf die erste Etappe ihres Weges als erledigt betrachtet werden, oder handelt
es sich hierbei nur um eine Momentaufnahme mit der Gefahr in alten Trott zurückzufallen?
Wir sind ein gutes Stück vorangekommen, doch noch weit von unseren
sportlichen und wirtschaftlichen Zielen entfernt. Derzeit läuft es so,
wie wir uns das vorstellen. Wir stehen auf einem Playoff-Platz, die finanzielle
Lage ist gut. Es besteht aber die Gefahr, dass sich in solchen Situationen Nachlässigkeiten
einschleichen. Das wollen wir unbedingt vermeiden. Die reguläre Saison
geht mit großen Schritten dem Ende entgegen. Auch wenn die Euphorie in
Karlsruhe momentan groß ist – zu glauben, die restlichen Spiele
seien "Selbstläufer" und der Einzug in die Playoffs bereits perfekt,
geht an der Realität vorbei. Das Mittelfeld hängt nach wie vor eng
zusammen, nach zwei Niederlagen kann man ganz schnell auf Platz 13 abrutschen,
wie es uns erst vor wenigen Wochen kurzzeitig passiert ist. Wir müssen
weiter hart arbeiten, um die notwendigen Punkte für die Playoff-Teilnahme
einzufahren. Dies ist unser allererstes Saisonziel, zudem streben wir für
die kommende Saison einen höheren Etat an.
Vom Abstiegsplatz in die Playoffs – ziehen Sie doch bitte kurz
eine Bilanz über die sportliche Entwicklung seit ihrem Dienstantritt und
speziell für die bisherige Saison 05/06.
Die bisherige Bilanz fällt schon ganz gut aus. Als ich bei der BG den Managerposten
übernommen habe, lag der Club am Boden: Tabellenletzter der Saison 04/05,
Etatkürzung, ein nicht konkurrenzfähiger Kader – zudem gab es
keine geordnete Übergabe. Einarbeiten war angesagt, und zwar Tag und Nacht.
Vorschnelle Trades – Anfragen, mal weniger, mal mehr seriös, gab
es zu Beginn viele – wurden absichtlich vermieden. Es bringt ja nichts,
zu traden, wenn man noch gar nicht weiß, wie das Team aussehen soll, welcher
Schwerpunkt gesetzt werden soll... Die Saison startete mit Siegen im Pokal und
in der Liga gut, dann setzte es sechs Niederlagen in Serie, so dass wir mit
2:12 Punkten die rote Laterne trugen. Doch das Team glaubte an sich, und wir
glaubten ans Team. So wurde mit einer beeindruckenden Aufholjagd Sieg für
Sieg eingefahren – und plötzlich standen wir auf einem Playoff-Rang,
den wir seitdem nur ganz selten verlassen mussten. Mein Ziel ist es, Karlsruhe
langfristig in den oberen Regionen der Liga zu etablieren, angesichts der finanzstarken
Konkurrenz keine leichte Aufgabe. Allerdings: Wer keinen Erfolg will, braucht
erst gar nicht anzutreten.
Aktuell steht Karlsruhe in den Playoffs – im Pokal scheiterte
man nur knapp an Nürnberg. Inwieweit machen Sie sich Titel-Hoffnungen?
Die Hoffnung stirbt zuletzt. Unser Ziel ist Platz 12, der zur Playoff-Teilnahme
berechtigt. Steigen wir von weiter oben in die Playoffs ein, kann uns das nur
recht sein. In den Playoffs werden die Karten neu gemischt, es ist prinzipiell
alles möglich. Faktoren wie Tagesform, Verletzungen oder äußere
Umstände spielen eine wesentlich größere Rolle – jedes
Playoff-Spiel ist eine Schlacht für sich. Falls wir in die Playoffs kommen,
treten wir natürlich nicht zum Schaulaufen an, sondern wollen auch die
nächste Runde erreichen. Aber klar ist auch: Die stärksten Teams der
Liga sind meines Erachtens Düsseldorf, Bamberg, Tübingen und Frankfurt.
An denen muss jeder Club vorbei, der Ambitionen auf den Titel hat.
Mit dem Trade Jones gegen Campbell füllte die BG die große
Lücke auf der 1. Bereits nach wenigern Wochen zeigt sich, wie wichtig der
Aufbauspieler für Karlsruhe ist. Was darf von Lou noch erwartet werden?
Lou hat die in ihn gesetzten Erwartungen nicht nur erfüllt, er hat sie
übertroffen. Es ist während der laufenden Saison immer schwieriger,
einen Point Guard zu integrieren als etwa einen Forward, der "nur"
seine Systeme laufen muss und den Korberfolg sucht. Aber bei Lou klappte das
sofort. Schon im ersten Spiel avancierte er zum Topscorer. Er lenkt das Spiel
mit Ruhe und Übersicht, hat jede Menge Erfahrung und einen sicheren Wurf
– die 7/8 Dreier gegen Trier waren einfach un-glaub-lich.
Trainer Wolfgang Heyder ist für seine strenge Hand im Umgang mit
den Spielern bekannt. Sie ziehen dagegen mit einigen Akteuren am Wochenende
lieber mal „um die Blocks“. Gibt es da keinen Interessenkonflikt
zwischen Management und Trainerstab?
Absolut nicht. Die Spieler brauchen auch mal einen freien Kopf, Abstand zum
täglichen Basketball-Geschäft. Das weiß auch Wolfgang. Nach
einem Sieg am Wochenende bzw. wenn ein freier Tag bevorsteht, tauchen wir gerne
ins Nachtleben ein. Gruppenbildung gibt’s da nicht, es ist immer sehr
lustig und abwechslungsreich – und nicht selten wird die Tour mit einem
gediegenen Frühstück abgeschlossen, auch wenn dann nicht mehr alle
Beteiligten zur Verfügung stehen. Man kann unmöglich 24/7 im Beruf
voll Stoff geben, das geht einfach nicht.
Sie haben sich mittlerweile auch im Liga-Rat als wertvolles Mitglied
etabliert. Leidet die Vereinsarbeit unter Doppelbelastung? Sehen Sie die Funktion
eher als Belastung oder als Chance, die Entwicklung der Liga weiter voranzutreiben?
Die Liga hat Potenzial. Wir können uns auf vielen Ebenen weiterentwickeln.
Ob dies nun Trainingscamps sind, eine (behutsame) Aufstockung oder die Schaffung
zusätzlicher Instrumente für die Manager. Das ist sehr spannend und
es ist schön, mitwirken zu können. Die Vereinsarbeit leidet dadurch
nicht.
Mit Mike Nahar wird ein wichtiger Karlsruher Leistungsträger nach
der Saison 2005/06 seine Karriere beenden. Gibt es bereits Bemühungen,
diesen Verlust rechtzeitig zu kompensieren?
Ja, es laufen Gespräche mit verschiedenen Clubs über die Verpflichtung
eines starken Centers. Das wird unsere große Aufgabe in der Sommerpause
sein, uns auf der 5 gut zu verstärken. Einzelheiten zu diesen Gesprächen
kann ich natürlich nicht nennen, jedoch hat die Sache für uns Top-Priorität.
Eine Alternative wäre natürlich, auf einen guten Center im kommenden
Draft zu hoffen.
Hinsichtlich Ihrer Personalplanung dringt kaum ein Detail an die Öffentlichkeit.
Verschaffen Sie uns doch bitte einen kurzen Überblick, mit wem Karlsruhe
plant und wer definitiv gehen darf?
Wir sind mit unserem jetzigen Team sehr zufrieden und planen bis auf wenige
Ausnahmen mit allen Spielern. Natürlich wollen wir nicht stehen bleiben,
sondern das Team weiter verstärken. Für Mike Nahar suchen wir einen
mindestens gleichwertigen Ersatz, auch auf der Bank stehen sicherlich ein oder
zwei Personalentscheidungen an. Zielgerichtete Ergänzung und Verstärkung
lautet das Motto.
Hinsichtlich der Trades von Firic, Terdenge oder Jones scheinen Sie
mit Giessen einen Lieblings-Tradepartner gefunden zu haben. Zufall oder Absicht?
Beides. Es macht Spaß, mit den 46ers zu traden, da die Verhandlungen unkompliziert
und in entspannter Atmosphäre verlaufen. Leider ist es in der Liga keine
Seltenheit, dass man tagelang auf die Beantwortung einer Trade-Anfrage wartet
oder in Marktwerttests, die gewisse Clubs regelmäßig veranstalten,
reinzurennen und Zeit zu verplempern. Zu den 46ers haben wir einen sehr guten
Draht, man kann offen sprechen und weiß umgehend, woran man ist. Das schätze
ich sehr.
Wir wollen Sie natürlich nicht ohne unsere obligatorische Favoriten-Frage
entlassen. Wer wird Meister, wer Pokalsieger und wer pickt im Draft als erstes
Team?
Meister wird Düsseldorf, die nach hartem Final-Fight Bamberg besiegen.
Da Bamberg seinen Fans verboten hat, die eigenen Spieler auszupfeifen oder dem
gegnerischen Team Szenenapplaus zu geben, sind die GHP-Anhänger jetzt ziemlich
angefressen und werden wohl nicht mehr den gewohnten lautstarken Support bringen.
Dadurch hat die kleine, aber völlig fanatische Düsseldorfer Fangemeinde
freie Bahn und wird ihr Team zur Meisterschaft brüllen. Beim Pokal tippe
ich auf Bremerhaven, die sind mir irgendwie sympathisch. Die vier Draftlose
gehen wohl nach Quakenbrück.


